Wenn man die Geschichte von König Belsazar (Daniel 5) nicht als altes Märchen abtut, ist sie ziemlich heftig. Er entweiht die heiligen Tempelgefäße und benutzt sie für ein rauschendes Fest. „So what?“, könnte man denken. Man kann doch die goldenen Gefäße reinigen und wieder in den Tempel bringen. Was ist schon so schlimm daran, sich mal „auszuleihen“, was eigentlich Gott gehört? Gott soll sich mal nicht so kleinlich haben.
Das Problem: Wir denken heute oft nicht anders als Belsazar vor 2.500 Jahren. Wir sehen Gott als Kumpel, mit dem man machen kann, was man will – immer freundlich, immer lächelnd, egal was wir tun. Wir lügen, betrügen, verfluchen innerlich oder gehen in Gedanken fremd. Und wir denken: Gott nimmt das schon nicht so genau, er ist doch ein liebender Vater, der ein Auge zudrückt.
Aber Belsazars Leichtsinn endet abrupt. An der Wand erscheint eine geheimnisvolle Schrift. Daniel deutet sie: Dein Reich ist zu Ende, du bist zu leicht befunden. Noch in derselben Nacht stirbt der König, sein Reich fällt an die Medo-Perser. Ein dramatisches Ende – und eine Warnung an uns.
Manche sagen: „Der Gott des Alten Testaments ist anders als der des Neuen.“ Das stimmt nicht. Gott ist derselbe – gestern, heute und in Ewigkeit. Von der ersten bis zur letzten Seite der Bibel wird er als Liebe beschrieben. Aber Gott ist eben auch gerecht und heilig.
Zu Mose sagt er: „Zieh deine Schuhe aus, du stehst auf heiligem Boden“ (2. Mose 3,5). Samuel ruft: „Niemand ist heilig wie der HERR! Keiner außer dir; kein Fels ist wie unser Gott“ (1. Sam 2,2).
Heilig bedeutet: Gott ist einzigartig, moralisch vollkommen und von allem anderen getrennt. Seine Gegenwart ist rein, mächtig, erhaben – jenseits unserer Vorstellungskraft.
Ein Bild hilft: Leg ein weißes Laken in den Dreck – es wird schmutzig. Kommt Gottes Heiligkeit mit Schmutz in Berührung, verliert sie nichts von ihrer Reinheit – der Schmutz wird weggebrannt. Das ist unser Problem. Gott will uns nicht strafen, er liebt uns. Aber weil er heilig ist, kann Sünde nicht einfach neben ihm existieren.
Für uns heißt das: eine ehrfürchtige Beziehung zu Gott, Respekt, Streben nach Reinheit. Nicht aus Angst, sondern aus Herzenshaltung: „Ich will dich ehren, Gott – in meinem Denken, Reden, Alltag.“ Ich stelle Gott in die Mitte, nicht an den Rand. Gott sieht durch fromme Fassaden. Er liebt Echtheit.
Viel zu oft lassen wir Gott „einen guten Mann sein“. Wir nehmen ihn im Alltag nicht ernst, fragen nicht nach seinem Willen. Das sind unsere heutigen „goldenen Gefäße“. Gott ist derselbe wie zu Daniels Zeiten. Im Hebräerbrief steht: „Denn unser Gott ist ein verzehrendes Feuer“ (Hebräer 12,29).
Weil er uns liebt, stört es ihn, wenn wir Kompromisse eingehen, schlechte Entscheidungen treffen, seine Gebote missachten. Wir müssen heute nicht mehr Angst vor Strafe haben – Jesus hat sie getragen. Aber wir können den Segensstrom Gottes abwürgen. Wir können taub werden für seinen Willen und unser Leben gegen die Wand fahren.
Genau deshalb starb Jesus am Kreuz: damit wir vor Gott bestehen – trotz unserer Sünde und seiner Heiligkeit. Und damit wir erleben, wie Gottes Heiligkeit das Schlechte in uns „wegbrennt“, uns reinigt und läutert wie Gold.
Die Schrift an der Wand bei Belsazar war unübersehbar. Manchmal sind Gottes Hinweise heute leiser – eine Bibelstelle, ein Gespräch, ein Gedanke. Welche „Schrift an der Wand“ zeigt Gott dir gerade? Wo sagt er: „Nimm mich ernst – ich will dein Herz, nicht nur dein Ritual“?
Mach heute bewusst den Schritt, deine „goldenen Gefäße“ zurückzugeben – deine Zeit, deine Worte, deine Gedanken. Und lass Gott nicht nur dein Freund, sondern auch dein Herr sein. Dort beginnt echtes Leben.
Sei gesegnet!
„Integrität bedeutet, das Richtige zu tun, auch wenn niemand zuschaut“ (C. S. Lewis).